Inhaltsverzeichnis
Irgendwann stellt man fest, dass man in der Vergangenheit alle möglichen Landstriche in mehr oder weniger fernen Ländern gesehen hat, aber die eigene Heimat immer links liegen lies. Noch viel schlimmer: Man schaut sich atemberaubende Alpenlandschaften auf Instagram an, kommt aber nicht auf die Idee, sie sich mal mit eigenen Augen anzusehen – und das obwohl man als gebürtiger Bayer gar nicht weit zu diesen wunderschönen Flecken Erde hätte. Genau aus diesem Grund war es heuer soweit und wir machten uns als Familie in den Pfingstferien auf ins Berchtesgadener Land. Was soll ich sagen: Mein Fotografen- und Wanderherz kam auf seine Kosten – auch wegen dem super Wetter das wir erwischt hatten.
Bootsfahrt über den Königssee zur Saletalm
Den ersten Tag starteten wir so richtig touristisch. Nach gut zweieinhalb Stunden Anfahrt waren wir bereits beim riesigen Ausflugs- und Wanderparkplatz in Schönau am Königssee. Schlauerweise kann man an den dortigen Parkautomaten das Tagesticket für 8€ nur mit Kleingeld bezahlen (willkommen im Digitalisierungsland Deutschland – nein, die Datenkrake Parkster lasse ich nicht gelten), gut, dass ich diese Tatsache im Vorfeld zufällig gelesen hatte und eine Hand voll Kleingeld einpackte ;-) Immerhin kann man das Schiffsticket im Vorfeld online buchen was wohl durchaus ratsam sein kann, um nervige Wartezeiten zu vermeiden. Überraschenderweise war bei uns so wenig los, dass wir bereits früher als zum gebuchten Zeitraum fahren konnten.
Eingebettet in steilen Berghängen liegt er also, der Königgsee. Tief grün schimmert das Wasser, lautlos gleitet das Elektro-Boot über ihn hinweg. Das Trompetenspiel des Bootsführers an der Echowand mag touristisch wirken, ist in Wirklichkeit aber eine kleine Attraktion, die man gehört haben sollte. Viele Gäste steigen bei der bekannten Kirche St. Bartholomä aus bzw. haben nur die „kleine Runde“ gebucht. Unser Ziel war jedoch die Endstation am südlichen Ende des Königssees: Die Saletalm. Diese auch heute noch bewirtschaftete Alm bietet Einkehrmöglichkeiten, die wir jedoch neben uns liegen ließen, um direkt zum zweiten Juwel des Königsseegebietes zu wandern: Der Obersee (der zum Königssee gehört).
Obersee und Fischunkelalm
Nach wenigen Gehminuten von der Anlegestelle „Salet“ erreicht man auch schon den idyllischen Obersee. Idyllisch ist der Obersee aber nur in den Morgenstunden, auf unserem Rückweg durften wir live miterleben was ein Socialmedia-Hype aus einer Location macht: Massenweise Instagrampärchen in mal mehr, mal weniger dummen Posen vor dieser Alpenidylle (und vor dem hinlänglich bekannten Bootshaus, das gleich am Anfang des Obersees steht). Auf der rechten Seite des Obersees führ ein Wanderweg zur Fischunkelalm.
Schlägt man diesen ein, werden die Besucherströme kontinuierlich dünner und der Weg immer interessanter, aber auch etwas gefährlicher. Eine in den Fels geschlagene Treppe ist mit (kleinen) Kindern durchaus schwierig zu bewältigen (Tritthöhe der Stufen), und stellenweise auch gefährlich aufgrund der durch die abertausenden Besucher stark aufpolierten Felsen. Festes Schuhwerk und Trittsicherheit absolut empfehlenswert!
Dafür wird man mit atemberaubenden Aussichten belohnt und kann sich an der Fischunkelalm eine Erfrischung gönnen, bevor man den Rückweg antritt oder dem unweit gelegenen höchsten Wasserfall Deutschlands (Fallhöhe 380m) einen Besuch abstattet: Der Röthbachfall.
Wanderung zur Halsalm (Hintersee)
Nachdem wir von der Fischunkelalm zurück gewandert waren und mit dem Boot auf der Rückfahrt noch einen Abstecher bei St. Bartholomä gemacht hatten (der Blick in die Kirche lohnt sich leider kaum), ging es für uns mit dem Auto weiter zu unserem Hotel direkt am Hintersee bei Ramsau. Genau DER Hintersee, der Traum eines jeden Landschaftsfotografen mit seinen fast schon kitschigen Panoramen. Nicht umsonst hat die Gegen im 19. Jahrhundert schon diverse Maler inspiriert – so wie heute die vielen Landschaftsfotografen, die es das ganze Jahr über hierher treibt, um DAS eine Foto zu schießen: Die zwei kleinen Bäume auf einem Felsen im kristallklaren Wasser des Hintersees, im Hintergrund das Hochkaltermassiv. Zig Variante habe ich davon schon gesehen. Zu jeder Jahreszeit. Mit Schnee, ohne Schnee. Mit Nebel, ohne Nebel. Hier also meine Variante dieses einmaligen Blicks. Früh morgens im Juni aufgenommen, Wolkenloser Himmel, der Halbmond noch zu sehen, ein Flugzeug, das gerade weit weg unter dem Mond vorbei fliegt. Warmes Morgenlicht, das die Bäume umschmeichelt.
Jetzt aber zu unserer Wanderung zur Halsalm. Folgt man der Straße direkt am Hintersee Richtung Süden erreicht man nach kurzer Zeit bereits den Anfang des Klausbachtals. Hier beginnt auch der Nationalpark Berchtesgaden und die Straße endet bei einem Wanderparkplatz bzw. bei einer Schranke. Ab hier dürfen nur noch Pedelbusse fahren – oder man ist mit dem Fahrrad unterwegs. Hier lohnt sich auch ein Besuch in der Nationalpark-Infostelle Hintersee (Klausbachhaus). Man erfährt wissenswertes über den Nationalpark und die hier vorkommende Flora und Fauna sowie die Almwirtschaft. Wer will kann sich an einem lebensgroßen Kuhmodell im Melken versuchen. Der Besuch ist übrigens kostenlos und ist sowohl für Erwachsene, als auch für Kinder sehr interessant.
Geht man ab hier noch ein wenig auf der Straße weiter, kommt sogleich auf der rechten Seite der Wanderweg Richtung Halsalm. Ab hier geht es hinauf auf über 1000m immer durch den Wald. Der Weg ist hier ein Wirtschaftsweg und entsprechend einfach zu begehen. Unbedingt die Augen und Ohren offen halten, man wird hier vielerlei Waldblumen (natürlich abhängig von der Jahreszeit) und Waldbewohner, wie Eichhörnchen und Vögel entdecken.
Irgendwann lichtet sich der Wald etwas und man erhält einen grandiosen Ausblick auf die Berge, die ringsum aufragen. Unweit von hier wurden übrigens auch 2023 Bartgeier in einer Felsnische ausgewildert. Der Bartgeier war lange Zeit ausgestorben bzw. ausgerottet in Bayern. Seit ein paar Jahren versucht man ihn im Nationalpark Berchtesgaden wieder anzusiedeln. Der Bartgeier ist mit seiner 2,9 m Flügelspannweite nicht nur ein äußerst imposanter Vogel, er ist damit auch der größte Greifvogel Europas und einer der größten flugfähigen Vögel der Welt. Dem Bartgeier wurden früher allerlei Schauergeschichten angedichtet, er wurde Jagt auf Lämmer und Gämsen machen und gelegentlich auch Kinder davontragen. Hierher rührt auch die Bezeichnung „Lämmergeier“. Dabei ist der Bartgeier ein reiner Aasfresser, spezialisiert auf die Verwertung von Knochen. Anfangs des 20. Jahrhunderts wurde das letzte Nest zerstört und der Vogel in ganz Europa restlos ausgerottet. Dank der Wiederansiedlungsbemühungen von Naturschützern leben mittlerweile im Alpenraum wieder mehr als 200 Bartgeier. Bleibt nur zu hoffen, dass es ihm nicht ergeht, wie anderen Wildtierarten, die man zuerst versucht wieder heimisch zu machen und dann aufgrund von Wahlkampfgebpolter zum Abschuss freigibt, aber das ist ein anders Thema.
Direkt auf dem Weg zur Halsalm hatten Nationalpark-Ranger einen Infostand zum Bartgeier aufgebaut. Mit Ferngläsern konnten die Wanderer das ausgewilderte Brutpärchen beobachten – falls man sie denn im Fels erspähen konnte.
Nach dieser kurzen, informativen Pause ging es noch ein paar Höhenmeter hinauf, bis sich der Wald lichtet und der Weg in die Halsalm mündet. Durchwandert man die Alm, erreicht man nach kurzer Zeit am Nordöstlichen Ende die ab ca. Juni bewirtschaftete Hütte der Halsalm. Hier kann man sich auf 1211m Höhe mit Getränken und einer Brotzeit versorgen, bevor man die Alm auf der nordöstlichen Seite über den Wanderweg Richtung Tal wieder verlässt. Der herrliche Blick auf den Hintersee stimmt auf den zweiten Teil der Wanderung ein. Ab hier wird der Weg deutlich anspruchsvoller, da es sich nicht mehr um einen Wirtschaftsweg handelt, wie im ersten Teil der Wanderung, sondern um einen schmalen Wanderpfad. Trittsicherheit und bergtaugliches Schuhwerk sind hier absolut erforderlich. Diesen Weg folgt man etwa 400 Höhenmeter wieder nach unten, um schließlich am Hintersee anzukommen. Eine absolute Empfehlung, auch für Kinder durchaus gut machbar.
Kleine Wanderung durch den Zauberwald
Wer am oder in der Nähe des Hintersees ist, sollte auch eine kleine Wanderung durch den Zauberwald unternehmen. V.a. mit Kindern ist es ein richtig toller, abwechslungsreicher Weg durch einen wunderschönen Wald, entlang des Hintersees und später dann an der Ramsauer Ache. Der Zauberwald mit seinen großen Felsblöcken entstand durch einen Bergsturz vor etwa 3500 Jahren, der Weg wurde Ende des 19. Jahrhunderts angelegt.
Ramsau: St. Sebastian
Zu guter Letzt darf bei einem Aufenthalt am Hintersee natürlich das obligatorische Foto der Kirche St. Sebastian in Ramsau nicht fehlen. Inkl. Bürcke(n) über die Ramsauer Ache und dem Bergpanorama im Hintergrund. Für jeden passionierten Fotografen einfach ein tolles Bild. Aufgrund eines Gewitters kurz vorher, konnte ich leider nicht die optimale Lichtstimmung ergattern, aber trotzdem ist dieser Blick einmalig und trotz des touristischen Andrangs eine Empfehlung.
Salzbergwerk Berchtesgaden
Für den Abreisetag stand dann am Vormittag noch eine Führung durch das Salzbergwerk von Berchtesgaden an. Auch hier empfiehlt es sich ein Online-Ticket im Vorfeld zu kaufen und sich den Besuch fest einzuplanen. Wer denkt, er könne den Besuch je nach Wetterlage planen, dem sei gesagt, dass bei Regenwetter regelmäßig sehr sehr lange Warteschlangen entstehen. Ansonsten ist der Besuch informativ und sehr interessant, gerade auch für Kinder.
Für uns war es ein toller und abwechslungsreicher Kurzurlaub während der Pfingstferien. Der touristische Andrang ist noch nicht so stark, wie im Sommer und so konnten wir sogar den Königssee ohne Besuchermassen genießen. Das Wetter spielte fast durchwegs auch mit, aber das lässt sich bekanntlich sowieso nicht planen. Wir kommen sicherlich mal wieder :-)
Das Begleitvideo zu diesem Reisebericht findest du auf meinem YouTube-Kanal.