Reisebericht Thassos Teil 4 – Noch nie war ich so oft hintereinander am selben Reiseziel, aber auch letztes Jahr (2023) hieß es von 31.08.2023 bis 11.09.2023 wieder „Thassos wir kommen!“. Da sich die Ziele auf der Insel dann doch jedes Jahr wiederholen, möchte ich meinen Bericht auf ein paar Themen lenken, die ich erstens in den anderen Berichten (für alle Blogbeiträge über Thassos hier klicken) noch nicht behandelt habe und zweitens auf die aktuelle touristische Situation auf Thassos.

Overtourism wie aus dem Lehrbuch

Nach vier Reisen nach Thassos zu unterschiedlichen Jahreszeiten, kann ich in etwa sagen, welche Reisezeit wohl am geeignetsten ist und wann man mit dem besten Wetter rechnen kann. Auf das Wetter bezogen ist sicherlich der Juli und August am stabilsten, aber auch am heißesten. Im Juni kann es passieren, dass die Abende noch kühl sind und man den ein oder andere schlechten/regnerischen Tag erwischt. Im September ist es so, dass Anfang September noch die August-Hitze vorherrschen kann, die sich – wie in unserem Fall – in einem Wetterumschwung wandelt. Tief Daniel, aufgeheizt durch die sehr hohen Wassertemperaturen, sorgte für irrsinnige Regenfälle im Gebiet von Thessalien, deren Ausläufer wir auch auf Thassos zu spüren bekommen haben: Abkühlung von 37°C auf 24°C innerhalb eines Tages und Regenfälle. Nach mehreren Tagen schlechteren Wetters, stabilisierte sich die Wetterlage bei Sonnenschein und knapp 30°C, aber mit starkem Wind. Das scheint typisch zu sein für September. Hier bekommt man mit hoher Wahrscheinlichkeit ein paar Tage Regen ab. Diese Erfahrung mussten wir auch schon vor zwei Jahren Ende September machen. Laut Einheimischer ist die Wetterlage im Oktober dann wieder recht stabil, wenn auch bei kühleren Temperaturen. Für Wanderer ist der Oktober wohl eine gute Option. Auch wegen der Touristenmassen, die Ende September nachlassen sollen. Leider musste wir feststellen, dass Thassos nicht mehr die Insel ist, die wir vor 6 Jahren kennen und lieben gelernt haben: Mittlerweile ist die Insel so dermaßen überlaufen, dass vormals idyllische Strände wie Psili Amos nicht mehr besuchbar sind. Vorausgesetzt man könnte seinen Mietwagen irgendwo abstellen, denn jeder Fleck wird zugeparkt. Was uns 2022 Jahr schon negativ auffiel, war 2023 nochmal deutlich schlimmer: Thassos wird regelrecht von rumänischen und bulgarischen Autotouristen überrollt. Die Infrastruktur der Insel, mit ihren 14.000 Einwohnern ist diesem Ansturm nicht wirklich gewachsen. Laut Aussage einer einheimischen Tavernenbesitzerin, sollen bis Mitte September bereits 1,4 Mio (!) Gäste die Insel besucht haben. Durch die klassischen Ausflugsziele wie Theologos, Panagia, Kastro und selbst Kazaviti schieben sich Touristen- und PKW-Ströme. Es herrscht Goldgräberstimmung, an allen Ecken und Enden wird gebaut. Häuser, Hotels, Tavernen. Man erkennt die Insel teilweise kaum wieder. Vor den Fähren stauen sich teilweise kilometerweise die Autos, v.a. wenn aufgrund von Wellengang nur die größten Fähren fahren können/dürfen. Die Preise sind stellenweise fast explodiert, sicherlich zum Teil der Inflation geschuldet, aber auch der Tatsache, dass man es verlangen kann. Man nimmt mit, was geht.

Thassos ist damit leider nur noch höchsten in der Nebensaison eine Empfehlung. Ein Geheimtipp ist die Insel schon lange nicht mehr. Für uns ein Paradebeispiel, wie man mit „Overtourism“ und Geldgier einem schönen Fleckchen Erde seine Ursprünglichkeit entzieht. Was ich vorletztes Jahr bereits geschrieben hatte, ist 2023 nochmal schlimmer geworden. Man möchte sich gar nicht ausmalen, wie es die nächsten Jahre wird.

Wenn man sich auf Facebook in den internationalen Thassos-Gruppen aktuelle Fotos von Hotspots ansieht, dann bleibt man etwas schockiert zurück: Massen an Touristen an völlig überfüllten Stränden, Liegeschirme auf jedem freien Quadratmeter. Liest man dann noch die Nachrichten von geplanten Hotelbauten (Makryammos will sich z.B. in eine 5-Sterne-Anlage mit zusätzlichen Betten wandeln) und gleichzeitigem Wassermangel auf einer der grünsten Inseln Griechenlands, fragt man sich, ob die Entscheidet wirklich nur an das Geld denken. Thassos ist leider zum Mallorca für Südosteuropäer verkommen, mit dem kleinen Unterschied, dass man auf Mallorca selbst heute noch den ein oder anderen ruhigen Fleck finden kann und auf Thassos leider nicht. Eine sehr traurige Entwicklung.

Für uns steht deshalb leider fest: Wir werden Thassos meiden und uns lieber ein neues Urlaubsziel suchen. Ob dies in Griechenland liegen wird? Auch hier sind wir uns nicht mehr sicher. Der Hype um Hellas ist die letzten Jahre so groß geworden, dass man sicherlich viel Aufwand betreiben muss, um in der Sommerzeit (Bindung an Schulferien) noch ein Fleckchen zu finden, das nicht völlig überrannt ist.

Kann man also überhaupt nicht mehr nach Thassos reisen? Sicherlich kann man immer noch in der Vor- und Nachsaison nach Thassos reisen, wobei die Insel aufgrund vieler Neubauten und Veränderungen ihren Charme teilweise verloren hat. Wer gerne wandert, der findet auf Thassos immer noch tolle Möglichkeiten – was sich mittelfristig auch kaum ändern wird. Die breite Masse will ja offenkundig auch mit dem Auto bis zum Meer fahren und sich mit griechischem Essen die Bäuche füllen ;-)

Eine Anekdote zum Schluss, die beschreibt, wie krass sich Thassos verändert hat: Wir haben die Tavernen immer als sehr gastfreundlich erlebt, gerade in den Bergdörfern. Als wir letztes Jahr an einem anfangs regnerischen Tag einen Ausflug nach Kazaviti machten – dieses Bergdorf hatte uns eigentlich immer besonders gefallen – wollten wir mittags in die Taverne am Dorfplatz gehen. Mittlerweile gibt es dort nur noch eine große Taverne und nicht mehr zwei wie früher. Es waren nur die Tische an den Häusern eingedeckt, da es geregnet hatte. Wir nahmen mit unseren beiden kleinen Kindern Platz. Ein Kellner brachte die Karte, man merkte schon, dass sich seine Begeisterung über zwei Erwachsene und zwei Kinder in Grenzen hielt. Als wir 4 Getränke, drei Hauptgerichte und eine Vorspeise als Hauptgericht (Kinder essen nun mal nicht so viel und v.a. vieles gar nicht ;-) ) bestellen wollten, wurden wir kurzerhand rausgeworfen. Es sei Hauptsaison und man müsse mindestens vier Hauptgerichte bestellen, immerhin belegen wir vier Plätze und es würden genug Leute kommen. Wir waren so überrumpelt, dass wir gar nichts sagen konnte, standen auf und gingen. Bei der Taverne am Ortseingang (O Vasilis) war es dann kein Problem bewirtet zu werden. Trotzdem werfen solche Erfahrungen ein schlechtes Licht auch auf die Insel an sich. Es wird einem einfach an allen möglichen Ecken vermittelt, dass es größtenteils nur noch ums Geld geht.

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